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Cilento und die Rad-Desperados

Cilento und die Rad-Desperados.

Ungefähr 150km südlich von Neapel liegt das Radparadies Cilento, ein wahrer Geheimtipp. In guter Tradition ist Casal Velino fast jährlich Frühlingsstützpunkt von „Rad-Desperados“, u.a. Ekkehard, Harry und Elmar. Timon und ich kaperten mit den drei anderen Schurken das Hotel „Hydra Club“, auf geschätzte 200 Gäste angelegt, einfach mal zu fünft. Außer uns traute sich sonst niemand an diesen wild-verlassenen Ort, was eventuell auch an der sichtbar fortschreitenden Verwesung der Gemäuer liegt.

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(unsere Festung)
Genau diesen speziellen, abgeschiedenen Ort konnte ich gut gebrauchen. Drei Wochen Chaos und ein misslungener erster Saisonhöhepunkt (s. vorherigen Eintrag) hatten mich doch ein bisschen aus der Bahn geworfen. Ich brauchte Abstand vom Trubel, Gespräche mit meinem Coach und viele gute Kilometer auf dem Bike, um den Kopf wieder frei zu bekommen.
Erst schien alles unter einem schlechten Stern zu stehen, da Timon gleich am ersten Tag schwer stürzte (wie durch ein Wunder nichts gebrochen) und wohl nur deshalb dennoch in der Sonne Italiens verweilte, weil er sich eh kaum bewegen konnte. Zumindest verlor er seinen Humor nicht und sinnierte beim Espresso über seine „interessanten“ künftigen Narben. Umso dankbarer bin ich, dass er mich mit gewohnter Mischung aus Fördern und Fordern wieder aufbaute.
Indes machten wir anderen uns auf unsere Radausfahrten.
Nun darf ich kurz vorstellen (natürlich sind eventuelle Übertreibungen pure Absicht):
Desperado Ekke – Der Kilometerhai
Für Ekke sind 130 km mit 3.000 Höhenmetern eine Art „Ruhetag“. Er kennt das italienische Hinterland wie seine Westentasche und bringt beständig ordentlich Druck auf die Pedale. Führungen fährt er gerne mal eine Stunde am Stück. Wenn er nicht im Sattel sitzt, was nur äußerst selten vorkommt, liegt er am Strand mit Limoneneis – statt sich wie andere Radfahrer ca. fünf Riegel reinzuziehen.
Desperado Harry – Der einsame Radler
Harry trumpft mit einem unigrünen Rennrad mit 1. FC Köln-Aufkleber und (ja das gibt es noch) Fahrradcomputer mit Kabel auf. Sein oberstes Begehren sind die rauen, kahlen Berge, in denen sein Herz aufgeht. Städte werden ebenso gemieden wie neuartiges Schnick-Schnack (Internet?!), und er muss um 19Uhr an seinem Bungalow die letzten Sonnenstrahlen mit einem Bierchen genießen – am besten in Einsamkeit.
Desperado Elmar – der Genießer
Elmar versucht’s mal mit Gemütlichkeit, und spult in Ruhe ein paar Kilometer ab, auch wenn er damit vielleicht erst um 14h beginnt. Den restlichen Tag verbringt er in irgendeinem Bergdorf bei Lektüre und gutem Essen und macht auf diese Weise „Urlaub“. Später gesellt er sich mitunter zu Ekke an den Strand, radelt dann aber schon mal eine halbe Stunde vor ihm Richtung Heimat los, um noch 10 Minuten gemeinsam mit ihm zu fahren und dennoch nach ihm im Hotel anzukommen.
Kurz gesagt: wir sind fast nie gemeinsam losgefahren oder angekommen. Aber irgendwie haben wir immer wieder Teile der Ausfahrten zusammen bestritten, genossen und viele wertvolle Kilometer gesammelt.
Auf diesem Weg ein großes DANKE euch Dreien für diese wundervollen Tage, in denen ich wieder zu mir gefunden habe. Die Straßen im Cilento haben ab und zu ein Schlagloch oder rutschen den Hang hinab, aber wir haben sie erfolgreich mit einem Lachen auf dem Gesicht absolviert.
Weiter geht’s!

 

Am Ziel angekommen oben auf dem Berg genießen wir die Sonne und den Blick über den Horizont.

Am Ziel angekommen genießen wir die Sonne und den Blick über den Horizont.

...und hier der Horizont

…und hier der Horizont.

Half Challenge Fuerteventura

Half Challenge Fuerteventura

Vor kurzem konnte ich den Halbmarathon in Öpfingen in flottem Tempo gewinnen. Ihr wisst das vielleicht nicht, aber in der Gegend um Ulm liegt der Läufernabel der Welt. Hier hat schon Dieter Baumann seine Runden gedreht. Bis auf ein paar Blasen am Fuß hatte ich mich auch schon vorher gut gefühlt. Und im Anschluss immerhin Detailkenntnisse über Pflaster, Hirschtalg, wasserdichte Verbände und sogar lokale Antibiotika gesammelt.

Zurück in Berlin warteten Arbeit, die Einrichtung der neuen Wohnung, Zahnarzt, Training und ein neu eingestelltes Wettkampfrad auf mich. Ein volles Programm, und das kurz vorm ersten wichtigen Wettkampf: der Half Challenge auf Fuerteventura, einer „Mitteldistanz“ (1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren, 21,1 km Laufen).

Eine Woche davor wollte ich beim Berliner Halbmarathon noch locker „mittraben“ und nach km 14 die Abbiegung nach Hause nehmen. Es kam aber alles anders. Am Samstag Nachmittag fühlte ich mich schon total ausgeknockt und hing fröstelnd in meiner Daunenjacke an der Heizung.

Am Sonntag Morgen wachte ich schweißgebadet auf und sah nur einen roten entzündeten Fuß. Statt Halbmarathon bei Sonnenschein ging die Abbiegung also zur Notaufnahme. Meine Gedanken drehten sich nur noch um den Samstag der kommenden Woche. Würde ich starten können? Die Ärztin begutachtete meinen Fuß und schüttelte nur mit dem Kopf. Den Rest gab mir die Assistentin, die ausrief: „Wie, zu dieser Jahreszeit schon ein Bienenstich?“. Meine einzige Chance lag darin, den Fuß zu kühlen und hochzulegen und auf eine Wunderheilung zu hoffen.

Zum Glück sah es am Montag schon wieder besser aus, und am Dienstag konnte ich schon fast wieder normal gehen. Mein Arzt, Coach und ich entschieden daher unisono: Hinfliegen und den Wettkampf rocken!

In Fuerteventura angekommen, traute ich mich am Donnerstag schon kurz aufs Rad und dann ins Meer. Letzteres stellte sich als Fehler heraus. Es kam Sand in die Wunde, der Fuß schmerzte wieder und eine rote Schwellung begann sich erneut zu bilden. Einmal mehr hatte ich Glück, dass ein lokaler Arzt mich mit hautähnlichem Klebepflaster und wasserdichten Verbänden notversorgte. Zu diesem Zeitpunkt waren es noch 14 Stunden bis zum Start – das hatte ich mir wahrlich entspannter vorgestellt. Kurz vor Sonnenaufgang klingelte der Wecker, und mein Fuß fühlte sich besser an. Puh. Ready to go!

Beim Startschuss hatte ich ordentlich Adrenalin, aber ein richtiger Flow kam nicht auf. Die Schwimmzeit war dann auch be…scheiden. Immerhin fühlte ich mich auf dem Rad solide und verlor nicht allzu viel Zeit auf die Führenden. (Für diejenigen, die allen Ernstes meine Wechselzeiten recherchieren und analysieren, sei gesagt: Während des Wechsels auf die Laufstrecke habe ich mir in aller Ruhe das besagte Pflaster auf die verletzte Stelle geklebt…). Ich lief recht flott an, aber irgendwie hatte dieser Wettkampf doch eine kleine Krönung verdient?! Bitte sehr: Ich verpasste die Wende zur zweiten Laufrunde und absolvierte daher statt 21,1 km über 25 km. Hat jetzt noch jemand eine Frage über meinen Geisteszustand an jenem Tag?? Mein Coach, der zunächst erschrocken und resigniert über meine Laufzeit schien (die er zu Hause am Rechner verfolgt hatte), sagte daraufhin am Telefon nur lakonisch: „Schade, dass es keine 28km waren; dann wäre das eine richtig gute Laufzeit gewesen“.

Was hilft nach so einem Erlebnis? Eigentlich nur eins: Ein wenig Humor verbunden mit Ruhe – in der liegt ja bekanntlich die Kraft. Auf zu neuen Ufern. Stay tuned!